Dienstag, 29. November 2016

Ungeduld

Ja. Kenne ich. Sehr gut sogar. Und ich mag das an mir gar nicht. Jetzt ist es erst genau eine Woche her, dass ich meine Kündigung bekommen habe, und ich denke bei jedem Aufwachen, dass ab heute alles besser wird. Die Übergabe der Kündigung war so zum kotzen, dass ich das erste Mal in 10 Jahren laut geworden bin und meinem Gegenüber einen fetten Spiegel vorgehalten habe. Ich drehe durch, wenn man mich wie Dreck behandelt. Wertschätzung! Das wichtigste Gut zwischen uns Menschen. Wer das nicht kennt, der bekommt meine geballte Wut zu spüren. 
Wut. Ja. Kenne ich. Sehr gut sogar. Mag ich auch nicht an mir. Und ich bin ziemlich wütend zur Zeit. Manchmal aus heiterem Himmel und über Dinge, die ich sonst mit mehr Gelassenheit betrachte. Menschen machen mich  im Moment oft wütend. Wenn sie uninteressiert sind. Wenn sie noch nicht mal ein paar Minuten Zeit haben, um mich zu fragen, wie es mir geht oder mir einen schönen Tag zu wünschen. Ja, ich erwarte viel von meinem Umfeld. Aber ich erwarte nie mehr, als ich auch selbst gebe. Zu erkennen, dass manche Menschen sich nur für mich interessieren, wenn es auch um sie geht, dass macht mich traurig.
Trauer. Jepp. Kenne ich zu gut. Mag ich manchmal sogar. Aber im Moment ist es mehr ein Seiltanz über einem tiefen, dunklem Loch voller Schlamm. Meine Trauer und meine Tränen flechten das dünne Seil. Ganz heimlich. Das bekommt keiner mit. Noch nicht einmal der Liebste. Es muss ja auch nur bis zum Kraterrand halten. Dann stehe ich wieder fest und sicher und marschiere weiter. Aber so mitten über diesem dunklen Loch habe ich oft Angst.
Angst. Nein. Ich und Angst? Kenne ich nicht. Will ich auch gar nicht kennen. Aber genau die ist es, die mich krank macht. Sagt der Doc am Sonntag im Krankenhaus, in das ich als Notfall eingeliefert wurde, weil alle dachten, ich hätte wieder eine Embolie oder einen Herzinfarkt...oder einfach nur Angst. Neuralgische Herzschmerzen. Das ist ja echt mal eine Diagnose.
Und jetzt sitze ich hier und schreibe mir die Seele frei und wund. Denke an all die schönen Momente in den letzten Tagen, die es auch gab und die ich wirklich ganz vorsichtig umhüllen muss, so zerbrechlich sind sie und denke gleichzeitig an die vielen Enttäuschungen. Fühle mich einsam... 
Wenn das Seil hält und die Angst weg ist, dann werde ich mutig genug sein, mich von allem zu lösen, was mich jetzt so enttäuscht.   
 

9 Kommentare:

  1. ....deine Worte und dein schreiben werden dir gut tun. Weil du wie immer ganz klar dich und deine Gefühle beschreibst. Nicht viele Menschen finden solche Worte über sich, stammeln Gefühle weil Sie sich niemals trauen auszusprechen was in ihnen ruht. Lieben Gruß vom Meer.....genau neben dem Turm....

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    1. ich weiß, Du hast das Meer auch von mir gegrüßt ;)
      Schön, dass Dir einer meiner Lieblingsplätze auch so gut gefällt. Und noch mal Danke für den schönen Tag am Rhein!

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  2. Dein Bild von der Trauer spricht mir sehr aus der Seele...Dieses Seiltanzen kenne ich auch.
    Wut ist manchmal gar nicht so schlecht, weil man die im Gegensatz zu der Trauer schon eher rauslässt. Und das ist immer gut.
    Ich beneide Dich darum, dass Du so schreiben kannst. Ich glaube (wie Bohli), dass Dir das gut tun wird.
    Ich schicke eine feste Umarmung... :-)

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    1. Danke Dir sehr! Umarmungen sind bei mir zur Zeit mehr als willkommen.
      Das Du meinen Seiltanz kennst, tröstet mich sehr. Manchmal denke ich nämlich, dass ich mich total seltsam verhalte...

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  3. Die Aufrichtigkeit, mit der du von deinen Gefühlen erzählst, berührt mich sehr. Ich bewundere deine Würde im Angesicht von Angst, Wut und Schmerz. Und ich wünsche dir, dass bald auch wieder die Liebe, die Freude und die Lust in diesem Reigen mittanzen können. Sei ganz herzlich gegrüßt!

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    1. Und Du berührst mich auf eine ganz wunderschöne Weise mit deinem Kommentar. Danke für deine Grüße und dein Mitgefühl.

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  4. Grundsätzlich bin ich aber sehr froh, dass es nichts ernstes ist!

    Die Situation ist gerade nicht wirklich toll für dich und dein Körper verarbeitet das leider mit.
    Das ist überhaupt nicht toll, lässt sich aber manchmal nicht vermeiden.

    Über deine Emotionen kannst Du allgemein sehr gut schreiben, aber irgendwie schreibst Du gerade hier nur über die, die Du nicht magst.
    Aber auch diese gehören zu dir.
    Wie die anderen auch.
    Ja, ist leider so :)

    Kopf hoch, das wird alles sicherlich wieder besser, wenn Du mal wieder im Urlaub bist.

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    1. Ja, dass ich "eigentlich" gesund bin, ist eine wunderbare Nachricht gewesen. Besonders für mein Umfeld, das sich ernsthaft Sorgen gemacht hat.

      Danke Dir für dein "Kopf hoch", dass erinnert mich an "Halt die Ohren steif". So ist es wirklich am besten. Den steife Ohren halten bestimmt auch den Kopf oben und somit den Blick frei nach vorne :)

      Urlaub? Ich flüchte schon immer an den Wochenenden an besonders schöne Orte. Das hilft kurzfristig, aber weckt auch jedesmal den Wunsch einfach abzuhauen.
      Du merkst schon, mir kann man nichts recht machen zur Zeit ;)

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